StadtRevue "Planlos in Mülheim"
 

Kölner Stadtrevue vom 23.12.1010


Planlos in Mülheim

Von Bernd Wilber


"Bedürftige Menschen sollen geräumt werden!", warnt derzeit ein Flugblatt aus dem Umfeld der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM). Zwei religiöse Gemeinden, die an der Schanzenstraße auf der Brache des Alten Güterbahnhofs ihre Gemeindezentren errichtet haben, sollen demnächst abziehen - so will es der Eigentümer, die Aurelis Real Estate.

Die beiden Gemeinden - Christen aus dem Kongo und irakische Schiiten, die aus ihrer Heimat fliehen mussten - sagen, bei ihnen würden "Kinder unterrichtet und Bedürftigen geholfen". Rainer Kippe von der SSM betont, wie wichtig die Arbeit der Gruppen für "Flüchtlinge und auch die Stabilisierung des Viertels sei.

Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs (SPD) sieht das ganz anders: "Man kriegt von denen nicht viel mit, und beim Interreligiösen Runden Tisch waren sie meines Wissens auch nur einmal." Fuchs favorisiert auf der Brache neue Wohnungen. "Die sind nämlich wirklich dringend nötig in Mülheim!" Dabei liegt noch gar kein Bebauungsplan für das Gelände vor. Rainer Kippe findet auch deshalb eine Räumung "skandalös".

Kippe findet vieles in Mülheim skandalös. Der Stadtteil werde von der Politik vernachlässigt, sagt er. Dabei hatte die Stadt Mitte 2009 das Programm "Mülheim 2020" aufgelegt. Insgesamt können vierzig Millionen von der EU abgerufen werden - für Projekte, die eine "strukturelle Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Situation" schaffen. Doch die Stadt ist in Zeitnot: Bis Ende 2014 muss sie die vierzig Projekte beantragt und umgesetzt haben - das Startprojekt ist aber gerade erst angelaufen. Kippe spricht von "persönlichen Fehden zwischen den beteiligten Ämtern und Inkompetenz in der Verwaltung., ein solches Projekt zu koordinieren. Er verlangt, dass Mülheim die von der EU in Aussicht gestellten vierzig Millionen Euro auf jeden Fall zu gute kommen müssen. "Notfalls muss die Stadt das dann selbst zahlen", sagt Kippe.

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