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Räumung
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13.03.2011 offener Brief an OB Roters
Herrn Oberbürgermeister Betrifft: Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, mit Erschrecken haben wir zur Kenntnis genommen, dass Ihre Bauverwaltung versucht, der schiitischen Gemeinde in der Schanzenstraße die Nutzung ihres Gebetsraumes zu verbieten. Die Begründungen sind so hanebüchen, dass man von einem rechtlichen Skandal sprechen muss. In den Gebäuden gibt es keinerlei Gefahr für Menschen. Sie sind ebenerdig und können nach zwei Seiten verlassen werden. Es gibt in den Räumen keine Brandquellen irgendeiner Art. Als geradezu skandalös muss man bewerten, dass als Grund für das angekündigte Nutzungsverbot das Vorhandensein von Teppichen angegeben wird. Heute haben alle möglichen Versammlungsräume Teppichböden. Wollen Sie die jetzt alle schließen? Sicher nicht. Es entsteht daher der Eindruck, dass mit dem Verbot die Religionsausübung der Muslime getroffen werden soll, denn nur die benötigen ja bekanntlich Teppiche, um darauf ihr Gebet zu verrichten. Damit trifft Ihre Bauverwaltung mit dem angekündigten Verbot das Recht auf freie Religionsausübung ins Herz und gefährdet den religiösen Frieden in unserer Stadt. Wenn diese angekündigte Schließung Wirklichkeit wird, kann keine einzige Moschee in Köln mehr vor einem Verbot durch das Bauamt der Stadt Köln sicher sein, kein Muslim kann mehr darauf vertrauen, seine Religion ausüben zu können. Dass hier nicht nach Recht und Gesetz gehandelt werden soll, kann man auch daran sehen, dass der verfassungsgleiche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit großzügig übergangen wird. Bei erfahrenen Verwaltungsbeamten kann man da an Zufall oder Nachlässigkeit nicht so recht glauben. Wenn man hätte rechtmäßig handeln wollen, so hätte man Auflagen erteilen müssen. Dass diese fehlen, lässt uns befürchten, dass hier gezielt Willkür ausgeübt werden soll, um eine kleine Minderheit zu treffen, die man schutzlos wähnt. Es ist auch nicht zu verstehen, wieso der Hinweis übergangen wurde, dass die Nutzung bereits seit Jahren von der Bahn genehmigt war, die ja bis zum letzten Herbst Baurecht hatte. Gewöhnlich löst eine solche Genehmigung baurechtlich zumindest eine Duldung aus. Auch die kurze Frist - der Brief wurde am Freitag, den 11. wurde zugestellt, am Montag, den 14., 11h endet die Frist, sie beträgt also gerade mal 24h, erweckt den Eindruck, dass man versucht hat, die Frist so kurz anzusetzen, dass Ausländer, die sich im Recht nicht auskennen, nicht mehr die Möglichkeit haben, den ihnen zustehenden rechtlichen Beistand aufzusuchen. Allein diese Fristsetzung empfinden wir deshalb als diskriminierend und tendenziell fremdenfeindlich. Beim autonomen Zentrum, bei dem Sie zwischen Besetzern und Eigentümern vermittelt haben, wurde Ihrer Bauverwaltung in der Presse bereits einmal der Vorwurf des Versuchs einer kalten Räumung gemacht. Dieser Vorgang scheint sich hier zu wiederholen, mit dem Unterschied, dass es sich beim autonomen Zentrum um Hausbesetzer handelt, während wir in diesem Fall Mieter vor uns haben, die vertrieben werden sollen. Es ist sicher auch kein Zufall, dass der Brief Ihres Bauamts vom selben
Tag ist, wie die Aufforderung des Eigentümers aurelis, das Gebäude
herauszugeben. Will hier eine Behörde einem Privaten einen Gefallen
tun?, fragen wir uns. Der Grund für dieses Vorgehen liegt auf der
Hand: Es gibt keinen Bebauungsplan und das vom Rat beschlossene Entwicklungskonzept
Mülheim Nord wurde von der Verwaltung bisher genauso wenig vorgelegt
wie das ebenfalls in Mülheim 2020 beschlossene Nutzungskonzept für
die Güterbahnhofsbrache (S. 118 und 119 der aktualisierten Fassung
des Integrierten Handlungskonzeptes). Es gibt keinen Grund, Gebäude
zu beseitigen, die für die Entwicklung des Geländes als Gründerzentrum
vorgesehen sind. Wie Sie sicherlich wissen, macht sich die EU große Sorgen um die
Umsetzung von Mülheim 2020. Eine genaue Untersuchung wurde eingeleitet.
Das Fernsehen hat darüber mehrfach berichtet. Wie, meinen Sie, wird
es bei der EU ankommen, wenn bekannt wird, dass die Integration der Ausländer,
einer der Schwerpunkte des 40-Millionen-Programms, jetzt durch die Vertreibung
von Gruppen abgelöst wird, die den Verwertungswünschen der internationalen
Heuschrecken, die inzwischen das Bahnvermögen übernommen haben,
im Wege sind? Wir hoffen und wünschen, dass Sie sich solchen Bestrebungen verweigern
und Ihre Politik des Ausgleiches und des Augenmaßes auch gegenüber
dem Dezernat Streitberger geltend machen.
Rainer Kippe
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